Es ist Winter..
Grade kaufte ich einen Porzellanweihnachtsmann, die Läden haben endlich die Winterkollektionen samt langersehnter Pudelmützen in die Regale geräumt, ich sitze vor einem weihnachtlichen Lebkuchen-Latte und ausserdem hab ich neulich draussen eine Gänsehaut bekommen!!
All dies ließ Erinnerungen aufkommen…
Vor, wie es sich anfühlt, laaaaanger langer Zeit einmal, verbrachten wir mit unserer damals noch 4-köpfigen Familie einen Winter in Kanada, genauer gesagt, in Toronto!!
D. hatte die Möglichkeit, dort für ein paar Monate zu fliegen und auswanderungsfreudig, wie wir nunmal sind, packten wir ein paar Koffer und machten uns auf in die kalte Ferne!
Eigentlich ist das Ganze erst …3!! JAHRE?? her..!! ECHT?? Unglaublich..kann ich mir gar nicht vorstellen, muss doch schon länger sein…ist es aber nicht!!!
Nun ja, wie dem auch sei, damals war ich noch nicht so modern mit Blog und so sondern schrieb ab und an eine Email an die an uns interessierten lieben Mitmenschen zuhause! Eine dieser Mails, die ich übrigens nie abgeschickt habe, weil nie so richtig „vollendet“ und irgendwann in Vergessenheit geraten, fiel mir neulich in die Hände und irgendwie scheint dieser „winterliche“ Moment der Richtige, um die Gedanken von damals zu teilen..
So, erste Woche ist um, der Jetlag weitestgehend überstanden! Bosses allmorgentliches: „Mama, aufstehen!“ hat sich verschoben auf umgängliche 5.30 Uhr bis 7.50 Uhr..Naja, an dieser Stelle muss ich zugeben, dass das mit den 7.50 Uhr nur ein einziges Mal vorgekommen ist! Muss ein absolutes Versehen gewesen sein, welches der Kleine am nächsten Morgen prompt korrigierte…Ich wollte es trotzdem mal ausgesprochen bzw. geschrieben haben, nur um es später noch glauben zu können..
Entspannung und Ruhe ist hier ohnehin ein Thema für sich…Ist halt keine autofreie Strasse vor der Tür mit Nachbarskindern zum Spielen und leider auch kein Kindergarten..
Nun aber macht Bosse grade ein kleines Mittagsschläfchen auf dem Balkon über den Dächern Torontos (mittlerweile habe ich mich an den 20ten Stock gewöhnt und kann ihn entspannt dort liegen lassen, im Kinderwagen selbstverständlich;)) und Ida ist mit Papa beim Einkaufen, die letzten Weihnachtsbesorgungen erledigen..macht: Zeit für Mama zum Schreiben..Zum Glück kann ich nicht wieder mit ähnlich amüsanten katastrophalen Lach- und Sacherlebnissen der letzten Mail aufwarten (vielleicht reiche ich die mal nach..), doch möchte ich Euch ein wenig an unserem Großstadtalltag teilhaben lassen..
Heute waren wir zum Beispiel auf dem St.Lawrence Market, einer riesigen Indoor-Markthalle in einem sehr schönen alten Gebäude..es wurden Hoffnungen geweckt, dort leckeres, dem heimatlichen ähnliches Brot kaufen zu können, für das man sogar Zähne braucht! Nun ja, prinzipiell sah das auch schon mal ganz gut aus, aber der „Drucktest“ besagte anderes..nachdem wir uns aber durch ca. 5 Brote „gedrückt“ hatten, fühlten wir uns irgendwie verpflichtet, auch welches zu kaufen..der Abend wird zeigen, ob wenigstens der Geschmack ein besserer sein wird!Aber auch sonst gab es einige leckere Dinge dort zu finden..frisches Obst und Gemüse, Fleisch, das auch nach solchem aussah, dazu wiederum Fisch etc., der in Optik und Geruch doch eher an asiatische Märkte denken lässt, in denen das Getier ungekühlt vor sich hin dünstet und sicherlich nicht unbedingt auf unserer Speisekarte landen wird!
Überhaupt soll Toronto ja eine der multikulturellsten Städte weltweit sein und das schlägt sich eben auch im Essen und den Regalen der hiesigen Supermärkte nieder! Da liegen neben Hähnchenschenkeln eben auch fein säuberlich abgepackte Hühnerfüße oder Schweinedärme! Besonders die Hühnerfüße hatten es Bosse angetan, der, nachdem ich den beiden die Packung gezeigt und dann wieder weggepackt hatte, noch minutenlang weinend „Hühnafüße, Hühnafüße“ rief!
Ansonsten befinden wir uns noch inmitten der Essenstestphase..was kann man essen, was muss man nicht nochmal kaufen? Die Liste der „nicht-noch-mal“ ist jedoch noch eindeutig länger..dazu gehören neben merkwürdigen Breakfast Burgern für die Mikrowelle a´la McDoof (auf Wunsch von D. gekauft, als schnelles und gehaltvolles Frühstück vor einem anstrengenden Tag im Flugzeug;)) auch Wiener Würstchen, die bei uns die Frage aufkommen ließ, ob es neben Analogkäse eigentlich auch ebensolche Würstchen gibt!Ansonsten muss man sagen, dass die „Torontonians“ an sich wirklich sehr nette Menschen sind! Allesamt bis jetzt sehr kinderfreundlich, wie bereits erwähnt und hilfsbereit..und ebenso geduldig.
Das mit der Geduld und Gelassenheit nimmt dann allerdings für das deutsche Gemüt ab und an gewöhnungsbedürftige Züge an! Da hält man eben mal mitten auf der Strasse, um sich Wegbeschreibungen zu geben bzw. geben zu lassen, auch wenn das ein Weilchen dauert. Man möchte ja sichergehen, dass man alles verstanden hat, um nicht an anderer Stelle erneut den Verkehr zu behindern..Und zu einem gewöhnlichen Einkauf gehört nun mal ein wenig Smalltalk, man will ja höflich sein „Hey!“ „Hello, Sir!“ „So, how are you doing today?“ „Great, thank you very much! How about you?“ „Oh, I´m great myself, thank you!“ „So, did you find everything ok?“ „Yes, I did indeed!“ und so weiter..nun stellen wir uns dazu noch vor, es sei drei Tage vor Weihnachten, die Schlange ist nicht so kurz, dass man einen solchen Austausch von Höflichkeiten einfach wohlwollend übersehen könnte, denn eigentlich möchte man nur bezahlen und nach Hause. Aber was tun und sich nicht gleich als unfreundlicher und an dem Wohlbefinden des fremden Gegenübers nicht interessierter Deutsche outen? Langsam bis 10 zählen und sich schon mal in eben beschriebener Geduld üben, lebt man ja die nächsten paar Monate als Gast in diesem Lande! Dann lächeln und freundlich nickend jegliche Frage ignorieren, Tüte in die Hand und ab ins Hotel! Denn dort wartet schon, wie erfrischend ungeduldig, das kleinere Kind schreiend und am Hochstuhl rüttelnd aufs „Abenboot“!!
Später am Abend..Gerade sehe ich „Fear Factor“ und muss dieses Stück hochwertige Fernsehgeschichte mit Euch teilen..
Vielleicht ist der Name einigen von Euch ein Begriff. Normalos müssen Aufgaben bewältigen, wie an Hubschraubern hängen o.ä.! Natürlich dürfen auch die Ekelaufgaben nicht fehlen und wer jetzt Dschungelcamp kennt, hat in etwa vor Augen, was das bedeutet..
Nun sind wir hier aber in Amerika (ich meine das Land, in dem die Show gedreht wird, mir ist natürlich bewusst, dass Toronto in Kanada liegt;)) und da ist in moralischen Fragen, wenn es nicht grade um Sex oder das F-Wort geht, ja Hopfen und Malz verloren..möchte mich als abgehärtet beschreiben, aber das hier ist nun grade so geschmacklos, dass ich es zum Thema machen möchte!
Jack, Jim und John müssen essen/trinken: Ochsenpenis (langweilig), Salat aus Maden und Kakerlaken und Fischaugen (kennt man auch schon), weiter gehts mit Blut..also, da wird es schon schwierig! Man darf den drei Jungs zugucken beim Würgen, Schlucken, Nasezuhalten und schließlich fliegt John trotz heftigster Bemühungen raus! Man bedenke, es geht um 100.000$!
Nun also weiter mit Liza, Leila und Lindsey! Drei eigentlich normal aussehende Damen, aber gut..deren Aufgabe ist es, in einen Wassertank zu steigen! Sind sie drin, werden dem Wasser „Zutaten“ zugefügt! In ihrem Fall, und nun merkt man, wie ich sagen würden, den Unterscheid zu deutschen Landen, hunderte von toten Mäusen..die sind weiß und vereinzelt schwarz und eben letztere müssen mit dem Mund rausgefischt und aus dem Tank geworfen werden..zwischendurch, um den Ekel zu steigern, sieht man die armen Tierchen in Großaufnahme durch das Wasser schweben..Also, man mag ja Mäuse mögen oder eben auch nicht (oder Anka??);), aber irgendwo hört es ja auch mal auf, wie ich finde! Aber hier eben nicht!Das Ganze zu sehen übrigens auf einem eigenen Sender namens RealityChanel..den ganzen Tag Ekel und „das wahre Leben“, wie lohnenswert!
Nun, genug gewundert, schalte ich also um auf einen Sender mit bis jetzt familientauglichen Filmen und, ich freue mich, es läuft „Tatsächlich..Liebe“, ein sehr schöner Weihnachtsfilm der etwas anderen Art, eine Romanze, eine Kömödie! Und was wir dort eingeblendet? „Achtung, die folgende Sendung enthält sexuelle Inhalte, Nackheit(!!!), Erwachsenensprache“ .., denn, man nehme sich in Acht, man sieht nackte Haut und die Texte sind, auf humorvolle Art, ein wenig schlüpfrig ab und an! Das ist natürlich ungleich schlimmer und verderblicher als Rattenschleim und das Schwimmen inmitten von toten Säugetieren!!
Nun gut, wie heißt es so schön?Andere Länder, andere Sitten! Ich jedenfalls gebe mich jetzt weiter dem Sittenverfall hin..Der nächste Morgen..
Was für ein ungewohnter morgendlicher Luxus: Ida und Bosse seit ca. einer halben Stunde in friedlicher Zweisamkeit! Zeit, zum neueste Tchibo- und H&M-Angebote checken (warum nicht informiert bleiben über Dinge, die man sich eh nicht kaufen kann?) und jetzt sogar noch zum Berichten über diese Besonderheit..das Spiel, und deshalb funktioniert es einerseits so gut, darum wird es andererseits auch bald vorbei sein, besteht darin, dass Bosse macht, was Ida sagt…genauer gesagt ist Bosse das Hündchen und Ida das Frauchen, beide krabbeln die ganze Zeit rein in die Küchenschränke und wieder raus und den Rest der Zeit dackelt Bosse auf allen vieren hinter Ida her, zwischendurch mit „Pullover“, denn so etwas tragen die Hunde hier..Bringt mich zu dem nächsten Thema: Hunde! Hier im Hotel auch in recht großer Zahl anzutreffen, was ja an sich etwas sehr Schönes ist! Besonders abwechslungsreich hier die Vielfalt an Pullovern oder sollte ich sagen Pullöverchen, denn die wenigsten Hunde hier überschreiten die Höhe der Winterstiefel der Herrchen und Frauchen.. Und da es hier recht kalt werden kann, ist natürlich auch das Tier entsprechend ausgerüstet!
Wahrscheinlich würde man hier verachtend angesehen, setzte man sein Haustier ohne modischen Schutz der Kälte draussen aus! Auch Schuhe gibt es übrigens..
Nun, und da kommen wir zu einer ebenfalls beoachtungswerten Seite der ganzen Mensch-Tier-Beziehung hier, kommen diese Hunde hier aber selten länger als 3 Minuten an die ach so kalte Luft! Fahren wir mit dem Fahrstuhl hinunter, um rauszugehen, verweilen wir in der Regel noch zwei Minuten im Foyer, weil die KInder dann noch wetterfest angezogen werden. Ist ein Anwohner mit Tier mit uns hinuntergefahren und rausgegangen, ist er in der Regel schon wieder drinnen und auf dem Weg zum Fahrstuhl, bevor wir überhaupt einen Schritt vor die Tür setzen konnten! Praktischerweise befindet sich nämlich genau gegenüber des Hotels ein Stück Rasen, das mit vielen lustig aussehenden „Hundeskulpturen“ als Hundepipiplatz gekennzeichnet ist! Und darum geht es ja schließlich beim Gassigehen, oder? Manchmal kommt der jeweilige Hund zwar kurz mit der frischen Luft, nicht jedoch mit dem Boden in Berührung (was ja nun wieder den Sinn der schicken Puschen in Frage stellt!), denn er wird nur kurz „abgehalten“, um sein kleines Geschäft zu verrichten und dann, verrichteter Dinge sozusagen, wieder reingetragen..Spricht man dann mit Kollegen, die in der in diesem Fall 16ten Etage wohnen, hört man folgende Anekdote: Ein junger Mann sitzt diverse Stunden am Tag auf dem Flur, Laptop auf dem Schoß, Kopfhörer auf den Ohren und jagt seinen Hund mit einem Ball, den er hin und wieder schmeißt, den Flur auf und ab! Kommen Leute vorbei, entschuldigt er sich mit den Worten „Sorry, my dog is a little hyper!“..Ja, wie überraschend! Wie dann auch eine Kollegin bemerkte mit dem Worten „Naja, vielleicht sollten Sie mal rausgehen mit Ihrem Hund, dann wäre er auch ein bißchen weniger „hyper“!
Hier nun endet der Bericht, der Abschluss zum Opfer gefallen einer mir nicht mehr in Erinnerung rufbaren Begebenheit, die jedoch anscheinend bis zum heutigen Tage anhielt..
Dabei gab es, soviel ist mir noch im Kopf, noch einiges mehr zu berichten über unseren kleinen Zwischenstop in Kanada und deren nette Anwohner!! Wenn mein Geist mal eine Pause von der Wüste braucht oder ich wie heute an die schöne Zeit dort erinnert werde , werde ich dem werten Leser sicherlich nochmal das ein oder andere Geschichtchen zu berichten haben..
In diesem Sinne winterliche Grüße aus der Wüste!!
P.S. Grade noch passend zum Hundethema diese Entdeckung im japanischen „Euroshop“ gemacht;)